Im Wachstumsbericht erzählen wir in unregelmässigen Abständen über die Entwicklungen auf dem radieslihof. In diesem Bericht legen wir einen Schwerpunkt auf die Menschen, die auf dem Hof arbeiten. Wir erzählen von der Vernetzung mit anderen Solawi-Projekten und darüber, wie uns das Zusammenleben mit den Tieren beschäftigt.
Zusammenarbeit auf dem Hof
Auf dem Hof arbeitet konstant die Hofgruppe, d.h. Maria und Niculin in der Landwirtschaft, Ursina als landwirtschaftliche Mitarbeiterin und Anna Katharina, Marion und neu Michelle im Gemüse. Unterstützt werden sie von verschiedenen Menschen, so in diesem Jahr von Landwirtschaftslehrling Michi (Lehre abgeschlossen im Juli), von Milene, Jafar und Osman, die alle durch den Sommer 24 auf dem Hof mitarbeiteten, dies vor allem im Gemüsebau.
Die Arbeit auf dem Hof ist einerseits sehr beglückend, weil sehr selbstbestimmt und weil die grosse Unterstützung der radiesli-Gemeinschaft stark spürbar ist. So ist es für uns möglich, Herzensangelegenheiten zu verfolgen – die Landwirtschaft so zu betreiben, wie wir es wirklich wollen, und nicht so, wie es die Märkte vorschreiben. Auch ist es für uns selbstverständlich, dass wir auch mal frei haben. Wir arbeiten nicht nur auf Papier Teilzeit und haben 5 Wochen Ferien, sondern können dies auch umsetzen. Unsere Arbeitszeit ist klar geregelt.
Andererseits ist die Arbeit auf dem radieslihof auch immer wieder sehr herausfordernd. Wir arbeiten auf vielen verschiedenen Ebenen:
- Da ist der Anbau mit all seinen Herausforderungen. Wir versuchen, die Anbaumethoden zu verbessern, dem Boden Sorge zu tragen, gute Ernten einzufahren, die Biodiversität zu erweitern und müssen mit den Launen des Wetters zurechtkommen. Dann ist da die grosse Vielfalt unserer Kulturen mit ihren unterschiedlichen Ansprüchen. Es braucht viel Präsenz, um immer alles im Blick zu haben.
- Auf der sozialen Ebene braucht es immer wieder viel Aufmerksamkeit, um unser Gefüge innerhalb der Hofgruppe gut zu gestalten, Aufgaben sinnvoll zu verteilen, Entscheidungen gemeinsam zu trefen, Verantwortung gemeinsam zu tragen, uns zu organisieren, etc.
- Hinzu kommt die Zusammenarbeit mit den radiesli-Mitgliedern. Täglich kommen wieder andere Menschen auf den Hof, die es sinnvoll einzubinden gilt. Spannende Menschen, mit denen wir uns gerne austauschen.
- Eine weitere Herausforderung ist es, mit all dem Interesse von ausserhalb umzugehen: So toll es ist, dass es so viele Menschen gibt, die den Hof besuchen wollen (das reicht von ParteitagsExkursionen über Betriebsausfüge von Bundesämtern bis hin zu Schulklassen, Gruppen, die auch Projekte starten, Ausbildungsklassen, etc.), ist es für uns doch immer wieder ein Balanceakt, herauszufnden, wie viel es gerade verträgt und was zu viel ist.
Diese verschiedenen Ebenen erleben wir ganz unterschiedlich. Manchmal fühlen wir uns dem allem gewachsen, wir meistern die Organisation und fühlen uns auf dem Hof mit allem drum und dran sehr wohl. Manchmal fordert uns die Vielschichtigkeit auch ganz schön heraus – und überfordert teilweise. Und natürlich ist dies nicht immer bei allen von uns gleich.
Um uns diesbezüglich auszutauschen und den Überblick zu behalten, haben wir in den letzten Jahren verschiedene „Gefässe“ entwickelt, in welchen wir uns austauschen:
Da sind die wöchentlichen ca. 1-stündigen Hofgruppen-Sitzungen. Hier geht es vor allem um Organisatorisches rund um den Anbau und das „Alltägliche“. Dann treffen wir uns ca. alle drei Monate zu einem GmbH-Morgen (da kommen noch Christoph und Renate dazu, die mit der Hofgruppe zusammen die radiesli GmbH bilden). Hier tauschen wir uns einerseits darüber aus, wie es uns persönlich im Arbeitsalltag und auch ganz allgemein geht und andererseits besprechen und planen wir hier grössere Projekte wie z.B. notwendige Umbauten oder Veränderungen in unserem Team. Auch haben wir eine jährliche Hofgruppe-Retraite, wo wir uns einen ganzen Tag Zeit nehmen, um unsere Arbeit, die Löhne, Pensen und Zuständigkeiten zu überdenken.
So wie die Vielfalt der Kulturen und die Vielseitigkeit des radieslihofes ist auch unsere Arbeitsorganisation über die Zeit gewachsen. Viele der alltäglichen Zuständigkeiten und Abläufe haben sich fliessend ergeben. Nach 8 Jahren Zusammenarbeit entstand dieses Jahr das Bedürfnis, uns mal vertiefter und bewusster mit unserem Gefüge auseinander zu setzen. Wir haben uns entschlossen, eine Supervision zu machen und eine Person von aussen dazu zu bitten. Magdalena Schatzmann (kulturland.ch) hat diese Rolle übernommen.
Unser Ziel war es, den Ist-Zustand unserer Zuständigkeiten und Befindlichkeiten genau auf zu schreiben, auseinander zu nehmen und allenfalls neu zusammen zu setzen.
In diesem Prozess stecken wir nach wie vor. Im radiesliRaum hängt derzeit ein grosses Papier, wo zu sehen ist, was wir eigentlich alles machen, und eine angefangene Sammlung von den Dingen, die wir verändern möchten.
Auszeit Maria
Maria wird von Dezember 2024 bis Juni 2025 eine Auszeit nehmen. In dieser Zeit wird Michi, der bei uns im Juli erfolgreich seine Lehre abgeschlossen hat, ihre Vertretung übernehmen. Für uns ein Glücksfall! Maria schreibt dazu:
„Schon lange merke ich, dass mich meine Arbeit im radiesli, die Rolle, die ich in diesem Gefüge habe, sehr viel Energie kostet, zeitweise auch zu viel. Deshalb wird seit einiger Zeit mein Wunsch nach einer Veränderung dieser Rolle einerseits und auch nach tiefer Erholung andererseits in mir immer grösser. Die letzten acht Jahre meines Lebens waren stark geprägt vom radiesli und seinen Entwicklungen und ich merke, dass dadurch andere wichtige Dinge in meinem Leben zu kurz kamen und ich auch „so tief drin stecke“, dass mir eine ruhige und „neutrale“ Sicht auf das radiesli und auch auf mich darin fehlen. Nun möchte ich mit einer Auszeit den Raum auftun, mich „ohne radiesli“ zu spüren, mal zu schauen, was noch in diesem Menschen zum Vorschein kommt, wenn dieser grosse, erfüllende, sinnstiftenden und intensive Teil fehlt und aus dieser Perspektive mich bewusst entscheiden, wie ich wieder ins Gewusel einstiegen will und was ich hinter mir lassen möchte. Und viiiieeel unverplante Zeit haben, um einfach in den Tag hineinzuleben, zu geniessen, Beziehungen zu pfegen, zu kochenlesenlismen und noch ein paar andere Dinge, über die ich lieber im kleineren Rahmen spreche :)
Es ist ein grosses Glück und Privileg, dass das möglich ist, und ich bin dem Rest der Hofgruppe und besonders Niculin sehr dankbar, dass sie dies tragen!“
Unsere neue Gemüsegärtnerin
Seit Mitte Oktober 2024 ist Michelle als dritte Gemüsegärtnerin auf dem radieslihof eingestiegen. Sie hat, ebenfalls erfolgreich :) im Sommer ihre Lehre als Gemüsegärtnerin abgeschlossen. Es war dies schon lange so geplant, wir wollen einen guten Übergang schafen bis zur Pensionierung von Anna Katharina in drei Jahren, wo dann Michelle die Stelle von Anna Katharina übernimmt. Wir werden dafür bis dahin keine Ausbildungsplätze für FAME oder Landwirtschaft anbieten können. Michelle kennen wir schon lange als radiesliMitglied und sie hat bereits ein Jahr als Praktikantin auf dem Hof verbracht. Auch dies ein Glücksfall – Willkommen Michelle!
Menschen auf dem Hof 2025
Im nächsten Jahr wird also die bewährte Crew von Niculin, Ursina, Marion und Anna Katharina auf dem Hof arbeiten, mit Michi anstelle von Maria bis im Juni und neu dazu Michelle. Da es keine Lehrstelle mehr gibt und es durch die Sommermonate in der Landwirtschaft trotzdem Verstärkung braucht , wird Bettina ein Praktikum auf dem Hof machen, dies von April bis September. Und dann hofen wir natürlich, dass Dank des Solifonds wieder ein gefüchteter Mensch bei uns arbeiten kann.
Vernetzung Solawis
Im Laufe des letzten Winters haben wir gemerkt, dass es grad schwieriger ist, neue Mitglieder zu finden als auch schon. Beim Herumfragen haben wir erfahren, dass es anderen Projekten in Bern und auch in Zürich ebenso ergeht. Was ist da los? fragen wir uns da. Aus diesen Überlegungen heraus ist der Wunsch entstanden, uns wieder vermehrt mit anderen Projekten der solidarischen Landwirtschaft in und um Bern zu vernetzen. Die Zahl solcher Projekte hat, seit wir mit dem radiesli begonnen haben, tollerweise zugenommen!
So ist die Idee vom Solawi-Stammtisch entstanden. Wir trefen uns nun alle drei Monate in Bern in einer Beiz und tauschen uns aus. Dabei sind viele Themen möglich, von Anbaufragen, Strukturen, über Politisches bis hin zu Werbung. Zur Zeit sind wir dran, nach Zürcher Vorbild eine gemeinsame Website und einen gemeinsamen Flyer zu entwerfen. In der Flut von neuen GemüseAbos (die z.T. genau gar nichts mehr mit solidarischer Landwirtschaft wie wir das verstehen zu tun haben) möchten wir eine Plattform schafen, wo gute Infos zu « was ist Solawi» und einen Überblick zu den in und um Bern vorhandenen SolawiProjekten zu fnden sind.
Ganz allgemein wollen wir vermehrt zusammen arbeiten: Wenn wir zukünftig an Anlässe gehen, wollen wir für alle Solawis Werbung machen, so können wir uns auch die Anlässe aufteilen und Ressourcen sparen. Der Ideen sind noch viele, wir freuen uns über den neuen Austausch. Der Stammtisch ist ofen für alle. Wer gerne einmal dabei ist, kann sich bei
Tiere und ihre Rolle am Hof
Auf dem radieslihof leben viele Tiere. Darunter auch Nutztiere wie unsere MutterkuhHerde, die Hühnerschar und derzeit 6 Geissen. Die Hühner bescheren uns den "huhn und ei"Anteil, die Mutterkuhherde ermöglicht es, mit "viel vom rind" Fleisch vom Hof zu beziehen. Die Geissen sind für die Hofkinder sehr wichtig und ab und zu gibt es da auch Fleisch. Sie alle bereichern den Hof durch ihr Wesen in seiner Vielfalt.
Für uns ist es ein zentrales Ziel, dass unser Boden gesund bleibt und sich der Humus auf anstatt abbaut. Dafür sind die Kühe und in kleinerem Ausmass auch die Hühner ein wichtiger Faktor. Gerade bei intensivem Acker und Gemüsebau braucht der Boden Pausen. Diese bekommt er durch die dreijährigen Kunstwiesen aus verschiedenen Klee, Gras und Luzernesorten. Damit die Wiesen ihre Vitalität und Diversität erhalten, müssen sie beweidet und gemäht werden. Die Tiere produzieren so einerseits Mist, den wir zu Mistkompost verarbeiten, und andererseits können sie das Gras in für Menschen wertvolle Nahrungsmittel verwandeln (Milch und wie bei uns Fleisch).
Nur: Wer isst das Fleisch? Es war und ist immer schwierig, die Fleischanteile alle zu verteilen. Derzeit ist gerade mal die Hälfte vergeben. Die nicht vergebenen Anteile verkaufen wir direkt ab Hof, was gelingt, aber mit Mehraufwand verbunden ist.
Die Arbeitsgruppe "viel vom rind" beschäftigt sich seit einiger Zeit mit der Frage, wie wir das ändern können. Ist es eine Frage des Anteilangebots? Zu gross? Ist es eine Frage des Zeitgeists, d.h. wollen grundsätzlich weniger Menschen Fleisch essen? Unterstützt wird die AG derzeit von Sonja, die im Rahmen ihrer Doktorarbeit an der BFH unter anderem zu diesen Fragen im und am radiesli und darüberhinaus forscht.
Die Haltung der Tiere ist aufwändig. Deshalb stellen wir uns immer mal wieder die Fragen: Wollen wir Nutztiere auf dem Hof? Wie rechtfertigt sich der ganze Arbeitsaufwand der vordergründig nur ein "Produkt" ergibt, das gar nicht so sehr gefragt zu sein scheint? Wollen und können wir die Verantwortung tragen, auch immer wieder ein Tier zu schlachten? Wie können wir Tierhaltung und auch das Schlachten so gestalten, dass es möglichst sorgfältig und verantwortungsvoll geschieht? Aber auch: Wie sähe eine Landwirtschaft ohne sie aus? Könnten wir die Bodenfruchtbarkeit gleich gut erhalten? Wie? Wie wäre das fnanzierbar? Wie wäre unser Hof ohne die Anwesenheit der Tiere? Würde die Arbeitsqualität und Freude für die derzeit Angestellten darunter leiden, wenn die Tiere nicht da wären? Wir möchten sehr gerne im nächsten Jahr mit euch allen zu diesem Thema arbeiten, ihr werdet von uns hören!
Aus dem Anbau
Nur kurz: Auch für uns war das Jahr wetterbedingt eine grosse Herausforderung. Bodenbearbeitung war oft nicht möglich oder musste unter nicht ganz idealen Bedingungen gemacht werden. Die Kartoffeln litten unter der Krautfäule, die Ernten des Lagergemüses und des Obstes fallen eher kleiner aus. Wir sind einmal mehr unglaublich froh, dass wir eine Solawi sind und dies gemeinsam tragen können. Wenn das nicht wäre, hätten wir aufgrund des Ertragsausfalls weniger Einkommen bei gleicher Arbeit. Das entspannt uns aus der Hofgruppe enorm und wir freuen uns, wenn wir in einem besseren Jahr dann auch wieder überdurchschnittlich viel Gemüse verteilen können.
Kultursommer
Auch in diesem Sommer gab es Kultur-Anlässe am Hof, so einen erstmals durchgeführten und sehr gut besuchten Vogelspaziergang mit anschliessendem Frühstück und Lesung von Bettina Dyttrich. Zudem das bereits bekannte Format des Jätkonzerts, mit „Katze Stefan und das Lügenorchestar“ und dem Duo Zaugg und Widmerin, welches leider wetterbedingt etwas kleiner, aber nicht minder fein ausfel. Zum Abschluss gab es erneut ein Kunststück, bereits die 5. Ausgabe, bei der sich drei eingeladene Künstler*innen und radiesliMitglieder mittels Tanz, Fotografe und Objektkunst mit der neuen Agroforst-Anlage und der Vielfalt am Hof auseinandersetzten. Greifbare Resultate davon fnden sich in Form eines Fotobüchleins von Martin Bichsel und den grossen Fotografen, die nun am Hof im Brunnenschopf hängen.
Wie, ob und in welcher Form ein nächster Kultursommer stattfndet, zeigt sich jeweils im Winter beim Trefen der Arbeitsgruppe. Wer mitmachen will, meldet sich gerne bei
Freie Anteile
Aufs neue Jahr gibt es von allem wieder freie Anteile. Da Mund-zu-Mund-Werbung immer am besten funktioniert, sind wir froh, wenn ihr das feissig weiterverbreitet! Es kommt uns allen und dem Budget für den Hof zu Gute, wenn wir auf Januar 2025 möglichst viele der freien Anteile wieder vergeben können. Um dies zu schafen, haben wir uns in diesem Jahr was Spezielles ausgedacht...
Die radiesli-Challenge!
Ziel: Bis Weihnachten haben wir die freien GemüseAnteile alle wieder vergeben! Schafen wir dies, erfüllen wir uns einen sehnlichen Wunsch… den zu fnden du ab sofort mithelfen kannst. Schreib an
Für jeden weiteren Anteil, der vergeben ist, erfüllen wir weitere Wünsche. Und wenn alle Anteile von "viel vom rind" weg sind, schmeissen wir eine Party :) Den Countdown fndet ihr ab sofort auf dem Beipackzettel und bei den Ankündigungen auf mys.radiesli und die Zahlen zu den freien Anteilen hier:
- dein Gemüse kennt dich: 18 freie Anteile
- huhn und ei: 3 freie Anteile
- viel vom rind: 27 freie Anteile
- mehl und mehr: 10 freie Anteile
- wintervorrat: freie Anteile von hochstamm: 10 freie Anteile Kartofeln, Zwiebeln, Kürbis Mehr Infos dazu unter: www.radiesli.org/ernteanteile
Unsere Postkarten und Werbeplakätli kann man jederzeit vom Hof mitnehmen oder bei uns bestellen zum Verteilen, Aufhängen und Aufegen. Wer Ideen für weitere Werbegefässe wie Newsletters oder Artikel in lokalen Zeitschriften, Onlinemedien oder Quartierzeitungen hat gerne bei der AG Öffentlichkeit
Ab sofort kann man zudem legendär tolle neue Velofähnlis vom Hof mitnehmen oder bei
Dies einige wichtige aktuelle Geschichten vom radieslihof. Wir hoffen, du hast unseren Bericht gerne gelesen, bis bald auf dem Hof!
Herzliche Grüsse von der radiesli-Hof und Betriebsgruppe mit
Renate, Anna Katharina, Felix, Michelle, Delia, Maria, Erich, Marion, Christoph, Ursina & Niculin