Wir berichten zur Entwicklung des Hofes und setzen diesmal in einem
zweiten Teil den Schwerpunkt Finanzen

Teil 1 Neuigkeiten

Entwicklung des Hofes in eine solidarisch getragene Landwirtschaft

Seit zwei Jahren bewirtschaften wir nun den ganzen Hof im Worbboden. Kurz vor Weihnachten haben wir nach zwei Jahren Umstellungsbetrieb das Knospe Zertifikat erhalten! So sind wir jetzt auch auf dem Papier ein Bio-Hof. Wir möchten hier noch einmal ein paar wichtige Tatsachen darstellen:

  • Der radiesli Hof ist mit 10 ha verhältnismässig klein. Die heutige Landwirtschaftspolitik fördert Anderes! Es ist eine grosse Herausforderung, einen rentablen 10 ha Hof zu betreiben.
  • Wir bauen praktisch alle Betriebszweige neu auf (ausser Gemüse): Die Mutterkuhherde, die Hühnerherde, den Getreideanbau, den Lagergemüseanbau, den Obstgarten..... das ist viel Arbeit und geht nicht von einem Jahr aufs andere und schon gar nicht ohne finanzielle Engpässe.
  • Wir haben den Hof ziemlich kurzfristig übernommen und konnten nicht jahrelang planen vorher. Das heisst, wir mussten einfach mal anfangen, das Land zu bewirtschaften. Ohne dass wir schon abschliessend wussten, in welcher Form, an wen und was für Lebensmittel...
  • UND wir haben ein hohes Ziel! Wir wollen in Zukunft den ganzen Hof solidarisch tragen. Das heisst: Wir wollen Anfang Jahr bereits wissen, für wen wir im nächsten Jahr Lebensmittel anbauen und herstellen und welcher finanzielle Beitrag dazu nötig ist.

Hier leisten wir Pionierarbeit! Deshalb braucht es viel Geduld und Zuversicht von allen Beteiligten. Hofgruppe und Betriebsgruppe tun ihr Möglichstes, aber die Hofgruppe hat auch noch einen Betriebs-Alltag zu bewältigen und die Betriebsgruppen-Menschen arbeiten alle ehrenamtlich fürs radiesli.

Für viele sorgt es für Verwirrung, dass wir einerseits Abos haben (die nach solawi funktionieren) und andererseits noch Produkte direkt verkaufen. Richtig, es heisst noch, weil das ein Übergangs-Zustand sein soll. Es ist einfach so, dass sich noch nicht genügend Menschen (und Mühlen, Beizen, was auch immer) solidarisch beteiligen an unserem Hof, und dass wir noch nicht abschliessend herausgefunden haben, was wir sinnvollerweise alles anbauen und in welcher Menge.

Für die Abos haben wir bestimmte Flächen/Tiere vereinbart und davon bekommen die Abos den gesamten Anteil der Erträge, in guten Zeiten mehr, in schlechten weniger. Zur Zeit haben wir aber noch mehr Kühe und wir haben mehr Kartoffeln, Rüebli und Getreide u.s.w angebaut, als es für die jetzt vorhandenen Abos braucht. Damit wir den finanziellen Fehlbetrag nicht noch vergrössern, versuchen wir diese Lebensmittel zur Zeit noch direkt und an Märkten zu verkaufen. Ganz wichtig: Das ist nicht unser Ziel und wir versuchen kontinuierlich, den Direktverkauf ab- und die solidarischen Abos und Vereinbarungen auszubauen.

Aus der Retraite der Hofgruppe

Die Hofgruppe hat sich im Dezember zu einer Retraite getroffen. Nach zwei Jahren Hofbetrieb wollten wir uns Zeit nehmen und zurück und nach vorne schauen. Hier ein paar wichtige Ergebnisse.

Anstellungsprozente und Freistellungen (Löhne):

  • Wir zeichneten in einer ersten Runde das Bild, was der Hof und wir an Anstellungsprozenten brauchen, damit wir entspannt arbeiten können. Für den Gemüseanbau bewähren sich die bisherigen Anstellungsprozente von Marion und Annakatharina (je 60%). Für den Hof mussten wir erst noch Erfahrungen sammeln. Maria und Niculin haben beide deutlich mehr gearbeitet. Wir werden also die Anstellungsprozente diesen Tatsachen anpassen. Beide werden neu zu 75% angestellt sein (Ursina weiterhin 20%)
  • In einer zweiten Runde klärten wir, was jede/r von uns finanziell braucht, damit sie ihrer Arbeit weiterhin mit Tatkraft und Freude nachgehen kann. Wir arbeiten bereits seit Beginn des radiesliprojektes mit Bedarfslöhnen. Die Summe der Freistellungen nächstes Jahr ist neu 11,000.- im Monat und erhöht sich nur minim. Dies versuchen wir so im neuen Budget unterzubringen. Zitat aus dem Protokoll der Retraite: "Wenn man Freistellungen und Löhne nebeneinander legt, mutet das etwas ungewöhnlich an. Wir sind aber alle total glücklich mit unserm Job, würden nix in der Welt lieber machen und haben einzig und allein den Wunsch, dafür soviel zu erhalten, dass wir gut davon leben und mit Freude weiter arbeiten können."

Bewirtschaftung, Geissen und Bau:

  • Wir machen verschiedene Mulchversuche, bauen neue Hecken auf und wollen versuchen Pflanzenkohle zu nutzen (gut für Boden und Klima). Wir planen die Menge Lagergemüse genauer nach Bestellungen, neu wird Emmer angebaut und Randen für soliterre.
  • Ein wunderschöner Capra grigia - Bock hat unser Herz erobert und wir ihn damit vor dem Metzger gerettet. Wir konnten nicht nein sagen und haben beschlossen, ihm und drei Geissen ein neues Daheim auf dem Hof zu geben...Einfach weil wir so gerne Geissen haben und weil es uns freut, wenn unser aller Hof belebt wird von einer Vielfalt von Pflanzen, Menschen und Tieren. Jetzt sind wir daran, einen Stall zu bauen, dort wo auch der Velostall ist, und irgendwann in den nächsten zwei Wochen werden die vier einziehen und hoffentlich wird es bald ein paar Gitzi geben.
  • Für die Hühner bauen wir einen mobilen Hühnerstall, der Tennboden muss erneuert werden, die Garderobe im radiesliraum wird erweitert, es gibt ein neues Basilikumquartier und einen neuen Holzunterstand und ev. bald einen bewohnbaren Bauwagen. Wer gerne mitbaut, der schreibe an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.. Wer noch mehr von der Retraite wissen will, melde sich bei der Hofgruppe! Die Betriebsgruppen-Retraite findet im Februar statt.

Asylzentrum Enggistein

Seit April letzten Jahres arbeiten Shoaib, Reza und Sabah im Rahmen eines Beschäftigungsprogrammes (finanziert vom Kanton) auf dem radieslihof. Sie sind aus Afghanistan und dem Irak in die Schweiz geflüchtet und wohnen derzeit im Asylzentrum in Enggistein bei Worb. Am Anfang waren uns etwas unwohl, da sie für so wenig Entgelt soviel Arbeit leisten, aber diese Bedenken haben sich mittlerweile in Luft aufgelöst. Alle drei sagen, dass es ihnen um so vieles besser geht, seit sie etwas tun können und dabei so viele Menschen kennenlernen. Für uns sind sie eine grosse Hilfe, eine Horizonterweiterung und vorallem sind sie gute Freunde geworden. Wir haben in diesem Jahr aber auch kaum vorstellbare Lebensgeschichten zu hören bekommen. Und wir sind immer wieder perplex, wie starr unser System istund vor lauter Reglementierungen und Gesetzen nicht mehr fähig, auf einzelne Menschen zu reagieren und das in ihrem Fall Nötige und Sinnvolle zu tun.

Wir versuchen, so gut wie möglich zu helfen:

  • Die Hofgruppe bezahlt Reza zur Zeit den Deutschkurs, da dieser nur bis zu einem gewissen Niveau finanziert wird bei Flüchtlingen, die noch keinen Bescheid über ihren Status haben.
  • Wir helfen bei der Zimmersuche. Das ist für sie ein grosser Wunsch: aus dem Zentrum weg zu kommen. Das Leben zu zehnt in einem Zimmer, zufällig zusammen gewürfelt, in soviel Ungewissheit, ist sehr schwierig. Für Shoaib (und Suleiman, der nicht mehr bei uns arbeitet) hat Maria bereits etwas gefunden. Für Reza suchen wir noch! Wenn ihr also irgendwo eine Möglichkeit seht.... Reza ist ein sehr kommunikativer und fröhlicher Mensch mit unglaublicher Sprach-Neugier.
  • Shoaib hat seit dem Oktober einen F-Ausweis und ist damit innert Wochenfrist aus dem Beschäftigungsprogramm ausgeschieden. Er kommt trotzdem noch, einfach, weil er das will und wir wissen, wie wichtig es für ihn ist. Im Moment macht er einen Freiwilligen-Einsatz und er bekommt jeden Monat etwas, was ihm gerade hilft: Geld für die Operation seiner Schwester in Afghanistan, ein Gleis 7 Ticket... Da er mit F-Ausweis jetzt Arbeit suchen darf, möchten wir Shoaib in diesem Jahr ein Praktikum auf dem radieslihof ermöglichen. Eigentlich können wir uns das im Moment überhaupt nicht leisten, aber vom Menschlichen her wissen wir, dass es irgendwie möglich sein muss!
  • Darum wollen wir den bestehenden radiesli Solifonds auch dafür benutzen und füllen: Wir sind um die 300 Mitglieder! Wenn z.B. 300 Menschen 50.- einzahlen, gibt das bereits 15,000.-. Damit können wir Shoaib eine ganze Weile regulär anstellen und anständig bezahlen!

Wenn Du Reza, Shoaib und Sabah unterstützen willst:

Hilf bei der Zimmersuche und zahle einen kleinen (oder grossen:) Beitrag in den Solifonds! Auf das übliche Konto: CH 42 0900 0000 6121 4097 6, Radiesli, Bodengasse 22, 3076 Worb, Zahlungszweck "solifonds"

Teikei Kaffee - bio, fair, solidarisch angebaut und hergesegelt

Stell dir vor: Kaffee vom radiesli! OK nicht direkt aus dem Worbboden, aber eben so gut es machbar ist: Eine solidarische Landwirtschaft in Mexico baut biodynamisch Kaffee an. Die Bohnen werden einmal im Jahr per Segelschiff vonmotivierten und fröhlichen Seeleuten, und ziemlich emissionsfrei nach Norddeutschland geschippert und kommen dann per Zug zum Teil in die Schweiz, zum Teil bleiben sie in Deutschland: Wir haben das nicht neu erfunden, sondern hängen uns an Hermann von teikeicoffee.org Derzeit schauen wir, ob das Rösten der Bohne hier in Bern bei Adrianos klappen kann.

Die Idee ist, eine soziale Skulptur nach Joseph Beuys enstehen zu lassen. Was das ist? Das wollen wir an einem Workshop später im Jahr ausloten.

An diesem Tag wird man natürlich auch den Kaffee testen können, schliesslich möchtest du vielleicht gerne wissen, auf was du dich einlässt bei einem Jahresabo Kaffee... Mehr Infos wie immer vor Ort oder auf Nachfrage: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.!

2.Teil: Finanzen

Halb voll oder halb leer?

Der radieslihof als Gesamtes hat noch Mühe, die Kosten zu decken. Das Gemüseprojekt vorher hat sich nach wenigen Jahren getragen: Nach anfänglichen Fehlbeträgen konnten innerhalb von zwei Jahren alle Darlehen zurückgezahlt werden und der Verein schrieb schwarze Zahlen. Dem Hof als Ganzes steht diese Entwicklung nun bevor: Derzeit decken die Einnahmen nicht die Kosten und Freistellungen. Im 2016 konnten wir das auffangen, weil fast Fr. 58'000.- gespendet worden sind. Ausserdem hatten wir Fr. 18'000.- Lohnkosten für die Bauerei aktiviert. Eine Steuerrevision hat gezeigt, dass dies nicht erlaubt ist. So haben wir also im 2016 effektiv Fr. 18'000.- rückwärts gemacht (trotz der hohen Spenden) Für 2017 fehlen voraussichtlich (die Buchhaltung ist noch nicht abgeschlossen) ca. Fr. 62'000.- plus die Fr. 18'000.- (siehe oben, aktivierte Lohnkosten), macht also etwa 80'000.- Wir haben mit einem Verlust in dieser Höhe rechnen müssen, weil uns klar ist, dass es eine Weile dauern wird, bis der ganze Hof wie vorher der Gemüseanbau getragen werden kann. Wir brauchen also etwa Fr. 60'000.- mehr Ertrag pro Jahr.

Folgende Zusatzeinnahmen sind für nächstes Jahr aufgegleist

  • Fleisch: Die zweite Hälfte Fleischabos kann vergeben werden, das ergibt ca. 12'000.-
  • Mehl: Wenn alle Mehlabos vergeben sind, ergibt das ca 13'500.- Da wir jetzt biozertifiziert sind, werden wir auch versuchen, mit der Reformbäckerei Vechigen in Kontakt und ins Geschäft zu kommen und einen SoLawi-Vertrag für jeweils ein Jahr im Voraus einzugehen.
  • Lagergemüse auf dem grossen Feld: Mit soliterre haben wir neu auch einen Vertrag für 450 kg Randen (nebst Bodenkohlrabi und Herbsträben bisher). Dann bahnen sich gerade weitere Verträge mit neuen Gemüse-Initiativen im Raum Bern an. Sowohl "Süri", "TaPatate" als auch "Legummes" wollen von uns Lagergemüse in Flächenpauschale, also bestellen und bezahlen den Betrag einer vorher definierten Fläche.
  • Gemüse: Wir bauen die Gemüseabos um 20 weitere aus. Das gibt ab 2019 jährliche 22'000.- (da die Abos ab Mitte 2018 dazukommen für dieses Jahr etwa die Hälfte) und sollte nach unserem Ermessen im bisherigen System möglich sein (Ausfahren, Abpacken). Natürlich erhöhen wir Anbaufläche und Arbeitsprozente entsprechend (Maria wird im Gemüse mithelfen). Ab sofort vergeben wir 5 weitere Abos, da wir reichlich Lagergemüsevorräte haben) und ab Sommer (wenn das neue, mehr angebaute Gemüse geerntet werden kann) weitere 15 Abos.

Zusammen gibt das für nächstes Jahr Mehreinnahmen um die Fr. 40'000.-. Da fehlen noch gut Fr. 20'000.-. Insgesamt werden für die verschiedenen bestellten Abos etwa Fr. 170'000.- fällig im 2018. Die fehlenden Fr. 20'000.- ensprechen etwa 13% dieser Summe. Vielleicht wollen und können ja Einige von uns ihre Beiträge entsprechend erhöhen? Wer mag darf einfach mehr einzahlen und dies im Verwendungszweck der Überweisung bitte eintragen.

Frei gewählte Betriebsbeiträge

Seit gut einem Jahr beschäftigen wir uns mit der Idee von frei gewählten Betriebsbeiträgen. Einerseits könnte es Vieles vereinfachen und das Preis-pro- Produkt-Definieren überflüssig machen, andererseits würde dies allen ermöglichen, den Hof nach ihren Möglichkeiten zu unterstützen. An der ausserordentlichen HV im Dezember 2017 haben wir inhaltlich dazu gearbeitet, wie individuelle Betriebsbeiträge gestaltet werden könnten.

Zusätzlich haben wir in der Umfrage vom letzten Dezember dazu eine Frage gestellt, und sehr spannende Antworten erhalten. Die Betriebsgruppe überlegt sich bis zur ordentlichen Vereinsversammlung vom 18. März einen Vorschlag, wie wir mit diesem Thema weiterfahren wollen. Wer gerne intensiver mitdenken will, ist jederzeit an einer BG Sitzung willkommen!


In diesem Sinne wünschen wir uns Allen weiterhin Freude und Interesse am vielen Neuen - auch im 2018!

Mit herzlichen Grüssen, die radiesli Hof- und Betriebsgruppe